Hier erfahren Sie ...
… wann die Arbeitserlaubnis unbefristet wird
… wie Sie die unbefristete Arbeitserlaubnis beantragen
… wann Sie keine Erlaubnis zum Arbeitgeberwechsel brauchen (§ 9 BeschV)
… Voraussetzungen für einen unbeschränkten Arbeitsmarktzugang
Geschrieben von:
Rechtsanwalt
Veröffentlichungsdatum:
27.09.2024
Lesezeit:
8 Min.
Inhaltsverzeichnis
1. Unbegrenzt in Deutschland arbeiten
2. Arbeiten ohne spezielle Arbeitserlaubnis (§ 9 BeschV)
3. Aufenthaltserlaubnis gem. § 9 BeschV
4. Voraussetzungen für unbegrenzte Arbeitserlaubnis
4.1 Besitz einer Aufenthaltserlaubnis
4.2 Zwei Jahre gearbeitet oder drei Jahre Aufenthalt
4.3 Ausdrückliche Arbeitsmarktzulassung
5. § 9 BeschV in der Praxis
6. FAQ zu § 9 BeschV
1. Unbegrenzt in Deutschland arbeiten
Für viele Ausländer ist es sehr interessant, endlich keine Arbeitserlaubnis mehr in Deutschland zu benötigen und nicht mehr den Arbeitgeberwechsel beantragen zu müssen. Die Beantragung einer Arbeitserlaubnis in Deutschland ist ein sehr aufwändiger Prozess. In vielen Fällen dauert die Bearbeitung von entsprechenden Anträgen für eine Arbeitserlaubnis oder für den Wechsel des Arbeitsplatzes sehr lange (siehe auch unseren VISAGUARD-Artikel zur Bearbeitungszeit). Dies können Sie sich mit der unbegrenzten Arbeitserlaubnis gem. § 9 BeschV ersparen.
Darüber hinaus kann der volle Arbeitsmarktzugang gem. § 9 BeschV auch einen eigenen Aufenthaltsgrund i.S.d. § 19c Abs. 1 AufenthG darstellen. Wenn Sie also eine unbegrenzte Arbeitserlaubnis erhalten können, können Sie auf dieser Grundlage eine eigene Aufenthaltserlaubnis beantragen (siehe unten). Ursprünglich war § 9 BeschV nur als Verfahrensvereinfachung aufgrund positiver Integration in den Arbeitsmarkt gedacht. In der Praxis geht die Norm allerdings deutlich weiter (siehe auch Offer/Mävers, Offer, 2. Aufl. 2022, BeschV § 9), da sie einen eigenen Aufenthaltsgrund darstellen kann.
2. Erlaubnis für jede Beschäftigung
Wenn die Voraussetzungen des § 9 BeschV vorliegen, können Sie als Ausländer jeder Beschäftigung nachgehen. In Ihrer Aufenthaltserlaubnis wird dann die Nebenverfügung „Jede rechtmäßige Beschäftigung erlaubt“ eingetragen. Es spielt dann keine Rolle mehr, ob es sich um eine qualifizierte oder um eine unqualifizierte Beschäftigung handelt und ob Ihre Ausbildung zu dem angestrebten Beruf passt. Eigentlich gibt es diese Art der Arbeitserlaubnis nur in Ausnahmefällen, etwa für Angehörige der „Best-Friends-Staaten“ (§ 26 Abs. 1 BeschV) und für Inhaber einer Blauen Karte EU.
Ein großer Vorteil des Wegfalls der Arbeitsbeschränkungen ist nicht nur, dass jede Tätigkeit erlaubt ist, sondern insbesondere auch, dass keine Erlaubnis zum Arbeitgeberwechsel mehr eingeholt werden muss. Diese Erlaubnis ist sonst immer notwendig, wenn es sich um einen Aufenthaltstitel zur Beschäftigung handelt (siehe § 4a AufenthG). In der Praxis führt dies zu vielen Problemen, da die Ausländerbehörden oftmals nicht rechtzeitig entscheiden. Dies führt dann dazu, dass der Arbeitsplatz nicht (oder nur verspätet) angetreten kann, was wiederrum zu Gehaltseinbußen oder im schlimmsten Fall sogar zu einer Kündigung führen kann.
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3. Aufenthaltserlaubnis durch unbegrenzte Arbeitserlaubnis
§ 9 BeschV kann nicht nur ein Grund für die unbegrenzte Arbeitserlaubnis sein, sondern auch einen eigenen Aufenthaltsgrund darstellen. Wenn Sie also gem. § 9 BeschV unbegrenzt arbeiten dürfen, können Sie auf dieser Grundlage gem. § 19c Abs. 1 AufenthG eine eigene Aufenthaltserlaubnis beantragen (siehe etwa BeckOK AuslR/Breidenbach BeschV § 9 Rn. 1a und Offer/Mävers/Offer BeschV § 9 Rn. 1, 2).
Vielen Ausländerbehörden ist nicht bewusst, dass der § 9 Beschäftigungsverordnung (BeschV) eine wichtige Grundlage für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis darstellt. Häufig kennen die Mitarbeiter der Behörden diese Norm nicht oder verstehen ihre Bedeutung nicht ausreichend. Dies führt dazu, dass die rechtlichen Möglichkeiten, die sich aus einer unbegrenzten Arbeitserlaubnis ergeben, in der Praxis oft übersehen werden.
Selbst wenn den Behörden § 9 BeschV bekannt ist, fehlt oft das Wissen, dass auf Grundlage einer unbegrenzten Arbeitserlaubnis eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden kann. Dieses Defizit führt nicht selten zu falschen Entscheidungen bei der Erteilung von Aufenthaltstiteln. In der Folge werden Aufenthaltstitel ausgestellt, die nicht den rechtlichen Vorgaben entsprechen. Dies kann schwerwiegende Konsequenzen nach sich ziehen, wie etwa Probleme bei der Beschäftigungserlaubnis oder sogar Fälle von illegaler Beschäftigung.
Für Betroffene, die eine unbegrenzte Arbeitserlaubnis beantragen möchten, ist es daher von zentraler Bedeutung, ihre Rechte konsequent durchzusetzen. Hierbei kann es ratsam sein, einen Rechtsanwalt für Migrationsrecht hinzuzuziehen. Ein Anwalt mit entsprechender Expertise kann nicht nur die Antragstellung begleiten, sondern auch der Ausländerbehörde die relevanten gesetzlichen Grundlagen erklären. Dadurch wird sichergestellt, dass die Aufenthaltserlaubnis gemäß § 9 BeschV korrekt erteilt wird.
Die Unterstützung durch einen spezialisierten Rechtsanwalt kann helfen, Fehler seitens der Behörde zu vermeiden und den Antragsteller vor rechtlichen Nachteilen zu schützen. Insbesondere in komplexen Fällen oder bei Unsicherheiten über die richtige Anwendung von § 9 BeschV kann ein Anwalt entscheidend dazu beitragen, einen rechtssicheren Aufenthaltstitel zu erlangen und mögliche Konflikte mit der Behörde zu vermeiden.
4. Voraussetzungen unbegrenzte Arbeitserlaubnis Deutschland
Die unbegrenzte Arbeitserlaubnis für Deutschland kann gemäß § 9 BeschV beantragt werden, wenn Sie bereits zuvor einmal von der Bundesagentur für Arbeit eine Arbeitserlaubnis erhalten haben (Zulassung zum Arbeitsmarkt), eine Aufenthaltserlaubnis besitzen und zwei Jahre rechtmäßig eine versicherungspflichtige Beschäftigung im Bundesgebiet ausgeübt haben oder sich seit drei Jahren ununterbrochen erlaubt, geduldet oder mit einer Aufenthaltsgestattung im Bundesgebiet aufhalten. Diese Voraussetzungen werden im Folgenden erläutert.
4.1 Besitz einer Aufenthaltserlaubnis
Zunächst müssen Sie als Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzen. Der unbegrenzte Arbeitsmarktzugang kann also nur beantragt werden, wenn bereits eine Aufenthaltserlaubnis vorliegt. Richtigerweise müssen hierzu auch Fiktionsbescheinigungen zählen, da es nicht an der willkürlichen Bearbeitungsgeschwindigkeit der Ausländerbehörden liegen kann, ob ein Anspruch nach § 9 BeschV besteht oder nicht.
4.2 Zwei Jahre gearbeitet oder drei Jahre Aufenthalt
Weiterhin setzt § 9 BeschV voraus, dass Sie als Ausländer bereits zwei Jahre in Deutschland versicherungspflichtig (Renten-, Arbeitslosen-, Unfall-, Kranken- und Pflegeversicherung) gearbeitet haben (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 BeschV) oder dass Sie sich bereits seit drei Jahren ununterbrochen erlaubt, geduldet oder mit einer Aufenthaltsgestattung in Deutschland aufhalten (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG). Nach Auffassung mancher Juristinnen sollen zu den Zeiten der rechtmäßigen versicherungspflichtigen Beschäftigung allerdings nur solche zählen, die auch eine Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit vorausgesetzt haben (also z.B. nicht das Job-Seeker-Visum für Bildungsinländer (§ 20 AufenthG) oder der Ehegattennachzug (§ 30 AufenthG).
Sie müssen außerdem beachten, dass das Gesetz bestimmte Zeiten nicht auf die Aufenthalts- und Beschäftigungszeiten des § 9 BeschV anrechnet. Insbesondere sind Voraufenthaltszeiten nicht anrechenbar, wenn Sie dauerhaft ausgereist und dann wieder eingereist sind (§ 9 Abs. 2 Nr. 1 BeschV) oder wenn Sie bisher zeitlich begrenzt beschäftigt waren. Die zeitliche Begrenzung der Beschäftigung ist allerdings nicht im Sinne einer Befristung zu verstehen, sondern nimmt Bezug auf die vorübergehenden Beschäftigungen der Beschäftigungsverordnung (§§ 10 ff. BeschV; siehe auch Offer/Mävers/Offer BeschV § 9 Rn. 10-15). Auch Studienzeiten und Zeiten gem. § 6 BeschV (siehe § 6 Abs. 2 S. 1 BeschV), 24a BeschV (siehe § 24a Abs. 3 BeschV) und 26 Abs. 2 BeschV (siehe § 26 Abs. 2 S. 5 BeschV) werden nicht angerechnet.
Hinsichtlich der Aufenthaltszeiten sollte zuletzt beachtet werden, dass Fiktionswirkungen nach der Rechtsprechung nicht zählen sollen, wenn ersichtlich kein Anspruch auf Verlängerung der als fortbestehend geltenden Aufenthaltserlaubnis bestand (OVG Berlin-Brandenburg Beschl. v. 5.1.2015 – OVG 3 S 82/14, BeckRS 2015, 40488).
4.3 Ausdrückliche Arbeitsmarktzulassung
Letzte Voraussetzung für eine Aufenthaltserlaubnis aufgrund unbegrenzter Arbeitserlaubnis gem. § 9 BeschV ist, dass Sie als Ausländer bereits einmal zum Arbeitsmarkt zugelassen wurden. Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts ist der Begriff der „Aufenthaltserlaubnis“ in § 9 BeschV nämlich eng auszulegen. § 9 BeschV beziehe sich nicht auf Inhaber von Aufenthaltserlaubnissen, die kraft Gesetzes zur Ausübung jedweder Beschäftigung berechtigen würden. Vielmehr sei der Anwendungsbereich der Vorschrift nur eröffnet, wenn eine Aufenthaltserlaubnis „mit einer Arbeitsmarktzulassung“ zu Grunde liegen würde (vgl. BVerwG Urt. v. 21.8.2018 – 1 C 22.17, NVwZ 2019, 417 Rn. 24, 25; VG München Beschl. v. 19.5.2020 – M 25 S 20.1456, BeckRS 2020, 11261, Rn. 29). Diese Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts wurde kürzlich wieder durch das OVG Lüneburg bestätigt (siehe OVG Lüneburg (13. Senat), Beschluss vom 18.04.2024 – 13 ME 31/24). Die genannte Auffassung ist allerdings nicht unumstritten. Teilweise wird aufgrund des eindeutigen Wortlauts (der diese einschränkende Auslegung nicht vorsieht) vertreten, dass der Begriff der Aufenthaltserlaubnis auch Aufenthaltserlaubnisse umfasst, die kraft Gesetzes zur Ausübung einer Beschäftigung berechtigen (siehe BeckOK AuslR/Breidenbach BeschV § 9 Rn. 2-4.1). Im Zweifel sollten Sie hierzu einen Fachanwalt für Migrationsrecht befragen.
5. § 9 BeschV in der Praxis
In der Praxis stoßen Ausländer und auch Rechtsanwälte immer wieder auf Probleme im Umgang mit § 9 BeschV bei den Behörden. Die meisten Sachbearbeiter kennen § 9 BeschV nicht. Selbst wenn sie § 9 BeschV kennen, wissen sie nicht, dass es möglich ist, eine Aufenthaltserlaubnis gem. § 19c Abs. 1 AufenthG auf der Grundlage von § 9 BeschV zu erteilen. Hinzu kommt häufig, dass sich Ausländerbehörden scheuen, Aufenthaltserlaubnisse ohne Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit zu erteilten. Selbst in Fällen, in denen die Sachbearbeiter/innen § 9 BeschV für einschlägig halten, fragen sie teilweise bei der Bundesagentur für Arbeit nach einer Zustimmung.
Bei der Beantragung von § 9 BeschV kann es deshalb ratsam sein, einen Rechtsanwalt zu konsultieren.
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6. FAQ Arbeitserlaubnis (unbegrenzt)
Wie lange muss ich in Deutschland gearbeitet haben, um unbegrenzt arbeiten zu können?
Sie können in Deutschland unbeschränkt arbeiten, wenn Sie bereits 2 Jahre versicherungspflichtig tätig waren (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 BeschV).
Wie lange muss ich mich in Deutschland aufgehalten haben, um unbegrenzt arbeiten zu können?
Sie müssen sich 3 Jahre in Deutschland aufgehalten haben, um § 9 BeschV zu beantragen (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 BeschV).
Reicht für die unbeschränkte Arbeitserlaubnis jeder Voraufenthalt?
Nein, für die unbeschränkte Arbeitserlaubnis müssen Sie einen Aufenthaltstitel innegehabt haben, der von der Bundesagentur für Arbeit geprüft worden ist. Sie müssen also zum Arbeitsmarkt zugelassen worden sein. Dies ist bei Aufenthaltstiteln, die gesetzlich die Beschäftigung erlauben (z.B. Familiennachzug) nicht der Fall, da z.B. § 30 AufenthG kraft Gesetzes (§ 4a Abs. 1 S. 1 AufenthG) zur Ausübung der Beschäftigung berechtigt und nicht kraft Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit. Diese restriktive Auslegung von § 9 BeschV ist Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, allerdings in der Kommentarliteratur aufgrund des sehr weiten Wortlauts von § 9 BeschV nicht unumstritten.
Benötige ich eine Aufenthaltserlaubnis, um gem. § 9 BeschV einen weiteren Aufenthaltstitel zu erhalten?
Ja, § 9 BeschV ist nur auf Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis anwendbar.
Ist § 9 BeschV eine Verfahrensnorm oder ein Aufenthaltstitel?
§ 9 BeschV war ursprünglich als Verfahrenserleichterung für die Ausländerbehörde und Bundesagentur für Arbeit gedacht. Nach der gesetzlichen Dogmatik des § 19c Abs. 1 AufenthG kann § 9 BeschV allerdings auch als Aufenthaltstitel erteilt werden.
Können alle Nationalitäten unbegrenzt arbeiten?
Ja, § 9 BeschV ist auf alle Drittstaatsangehörigen anwendbar. Durch § 9 BeschV können Angehörige anderer Nationalitäten also eine Gleichstellung mit den Fallgruppen des § 26 Abs. 1 BeschV erreichen.
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Weiterführende Informationen
Verfahrenshinweise zum Aufenthalt in Berlin (VAB) zu § 9 BeschV
Literatur: BeckOK AuslR/Breidenbach, 42. Ed. 1.4.2024, BeschV, § 9 Rn. 1 - 12
Literatur: Offer/Mävers, Offer, 2. Aufl. 2022, BeschV § 9