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was eine Chancenkarte ist und den Unterschied zum Job-Seeker-Visum
die Voraussetzungen für die Erteilung der Chancenkarte
worauf Sie bei der Beantragung der Chancenkarte achten sollten
ob mit der Chancenkarte Familiennachzug und Niederlassung möglich sind
Geschrieben von:
Rechtsanwalt
Veröffentlichungsdatum:
08.02.2025
Lesezeit:
10 Min.
Inhaltsverzeichnis
1. Was ist die Chancenkarte?
2. Voraussetzungen für die Erteilung der Chancenkarte
2.1 Sicherung des Lebensunterhalts
2.2 Fachkraft oder genügend Punkte (Punktetabelle)
2.3 Sprachkenntnisse und weitere Voraussetzungen
3. Rechte mit der neuen Chancenkarte (2025)
4. Chancenkarte aus dem Ausland beantragen
5. Familiennachzug mit der Chancenkarte
6. Niederlassungserlaubnis mit der Chancenkarte
7. FAQ zur Chancenkarte
1. Was ist die Chancenkarte?
Die Chancenkarte (nicht zu verwechseln mit dem Chancen-Aufenthaltsrecht gem. § 104c AufenthG) ist eine der großen Neueinführungen der Reform des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes im Jahr 2023. Sie wurde nach dem Vorbild Kanadas geschaffen und soll gut ausgebildeten oder erfahrenen Fachkräften unter bestimmten Voraussetzungen den Aufenthalt in Deutschland ermöglichen. Im Gegensatz zu anderen Aufenthaltstiteln ist die Chancenkarte dabei nicht an zwingend zu erfüllende Voraussetzungen gebunden, sondern ermöglicht den Ausgleich fehlender Voraussetzungen durch andere Merkmale.
Die rechtlichen Regelungen zur Chancenkarte sind ab dem 01.06.2024 in Kraft getreten und ähneln in bestimmten Fällen dem Job-Seeker-Visum. Die Chancenkarte (§ 20a AufenthG) ersetzt also in Teilen das Jobseeker Visa (§ 20 AufenthG).
2. Voraussetzungen für die Erteilung der Chancenkarte
2.1 Sicherung des Lebensunterhalts
Genauso wie das Jobseeking Visa ist auch für die Erteilung der Chancenkarte Voraussetzung, dass Sie Ihren Lebensunterhalt sichern können. Konkret bedeutet dies, dass Sie während Ihres Aufenthalts in Deutschland in der Lage sind, Ihre Miete, eine Krankenversicherung und Ihren täglichen Bedarf zu finanzieren. In der Regel belaufen sich diese Ausgaben auf mindestens ca. 1.500 Euro pro Monat. Wenn Sie also die Chancenkarte für 6 Monate beantragen, müssen Sie finanzielle Ressourcen in Höhe von 9.000 Euro besitzen (6x 1.500 Euro). Diesen Betrag müssen Sie also bei Beantragung der Chancenkarte nachweisen (etwa durch Vorlage von Kontoauszügen oder einen sog. Blocked Account). Die Sicherung des Lebensunterhalts ist eine zwingende Voraussetzung für die Beantragung der Chancenkarte. Die Ausländerbehörde kann hiervon nicht abweichen.
2.2 Fachkraft oder genügend Punkte
Die zweite wichtige Voraussetzung für die Beantragung der Chancenkarte ist, dass Sie eine Fachkraft sind (Chancenkarte für Fachkräfte) oder dass Sie genügend Punkte nach der Punktetabelle haben (Punktechancenkarte). Wenn Sie eine ausgebildete Fachkraft sind (also einen in Deutschland anerkannten Abschluss besitzen), müssen Sie die Mindestpunktzahl nicht erreichen. Ihre Ausbildung ersetzt dann die notwendigen Punkte. Die Punkte sind also nur relevant, wenn Sie keine in Deutschland anerkannte Ausbildung haben. Sollten Sie keine in Deutschland anerkannte Ausbildung haben, müssen Sie mindestens 6 Punkte erreichen.
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Die Punktetabelle für die Chancenkarte ist wie folgt:
1. (teilweise anerkannter) Abschluss oder Ausbildung im Ausland - 4 Punkte
2. B2-Kenntnisse der deutschen Sprache - 3 Punkte
3. B1-Kenntnisse der deutschen Sprache - 2 Punkte
4. A2 Deutschkenntnisse - 1 Punkt
5. C1 Englische Sprachkenntnisse - 1 Punkt
6. 5 Jahre Berufserfahrung in einem einschlägigen Bereich in den letzten 7 Jahren - 3 Punkte
7. 2 Jahre Berufserfahrung in einem einschlägigen Bereich in den letzten 5 Jahren - 2 Punkte
8. Qualifikationen in einem MINT-Bereich - 1 Punkt
9. nicht älter als 35 Jahre alt - 2 Punkte
10. nicht älter als 40 Jahre alt - 1 Punkt
11. 6 Monate rechtmäßiger Aufenthalt in Deutschland in den letzten 5 Jahren - 1 Punkt
12. einen Ehepartner haben, der die Voraussetzungen für die Chancenkarte erfüllt - 1 Punkt
2.3 Sprachkenntnisse und weitere Voraussetzungen
Weiterhin ist Voraussetzung für die Erteilung der Chancenkarte, dass Sie A1-Deutschkenntnisse besitzen. Zuletzt müssen natürlich auch immer die allgemeinen Visumvoraussetzungen erfüllt sein (insbesondere muss ein gültiger Pass vorhanden sein). Weitere Informationen zu den allgemeinen Visumvoraussetzungen bei der Chancenkarte finden Sie in unserem VISAGUARD-Guide zur Beantragung einer Aufenthaltserlaubnis.
3. Rechte mit der neuen Chancenkarte (2025)
Mit der Chancenkarte dürfen Fachkräfte für einen begrenzten Zeitraum in Deutschland bleiben, um vor Ort nach einem Arbeitsplatz zu suchen. Die Chancenkarte erleichtert den Zugang zu Verfahren zur Anerkennung von Berufsabschlüssen, was die Integration in den Arbeitsmarkt beschleunigt. Sobald ein Arbeitsplatz gefunden wurde, kann die Chancenkarte in eine reguläre Aufenthaltserlaubnis zur Erwerbstätigkeit umgewandelt werden.
Die Chancenkarte ermöglicht es außerdem, bis zu 20 Stunden pro Woche einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Wenn diese Möglichkeit genutzt wird, kann dies die Lebensunterhaltssicherung erheblich erleichtern. Es ist also ratsam, einen Nebenjob in Deutschland zu suchen, wenn Sie die Chancenkarte beantragen wollen.
Die Chancenkarte wird grundsätzlich für ein Jahr erteilt (sog. Suchchancenkarte) und kann unter bestimmten Voraussetzungen auf zwei Jahre verlängert werden (sog. Folgechancenkarte).
4. Chancenkarte aus dem Ausland beantragen
Die Chancenkarte eröffnet qualifizierten Fachkräften aus Drittstaaten die Möglichkeit, in Deutschland nach einem Arbeitsplatz zu suchen. Insbesondere für Fachkräfte, die sich noch im Ausland befinden, stellt sich oft die Frage, wie der Antrag gestellt wird und welche Schritte erforderlich sind. In diesem Leitfaden erfahren Sie, wie Sie die Chancenkarte aus dem Ausland erfolgreich beantragen können.
Um die Chancenkarte aus dem Ausland zu beantragen, müssen Sie zunächst die zuständige Botschaft ermitteln. Wie die zuständige Botschaft ermittelt wird, können Sie unserem entsprechenden VISAGUARD-Guide zur Beantragung eines Visums entnehmen. Bei der zuständigen Botschaft müssen Sie dann die notwendigen Dokumente einreichen und einen Termin vereinbaren. Welche Dokumente erforderlich sind, lässt sich grundsätzlich der Homepage der jeweiligen Botschaft entnehmen (siehe hierzu auch Übersichtsseite des Auswärtigen Amts zur Beantragung der Chancenkarte).
Wenn Sie die Dokumente gesammelt haben, können Sie einen Termin bei der Botschaft beantragen. Dort werden dann Ihre Dokumente geprüft und im Erfolgsfall wird anschließend das Chancenkartenvisum erteilt. Mit diesem Chancenkartenvisum können Sie dann nach Deutschland einreisen.
Die Bearbeitungszeit für die Chancenkarte kann je nach Botschaft und Land stark variieren. Gesetzlich haben die Auslandsvertretungen (Botschaften und Konsulate) bis zu 3 Monate Zeit, um einen Antrag auf Erteilung der Chancenkarte zu bearbeiten (§ 75 VwGO). Weitere Informationen zur Bearbeitungszeit bei der Chancenkarte erhalten Sie in unserem VISAGUARD-Guide zur Beschleunigung der Bearbeitungszeit.
5. Familiennachzug mit der Chancenkarte
Der Familiennachzug ist mit der Chancenkarte grundsätzlich theoretisch möglich, unterliegt jedoch den allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen, ohne dass spezielle Erleichterungen gewährt werden. Dies bedeutet insbesondere, dass der Lebensunterhalt für die gesamte Familie gesichert sein muss. Sie müssen also mit der Chancenkarte in der Lage sein, Wohnraum, alltäglichen Bedarf und die notwendigen Versicherungen zu bezahlen. Dies dürfte vor dem Hintergrund, dass die Chancenkarte nur eine Nebenbeschäftigung von bis zu 20 Stunden pro Woche ermöglicht (siehe oben), in der Regel vergleichsweise schwierig werden.
Weiterhin muss der nachziehende Ehegatte bei der Chancenkarte auch grundlegende Sprachkenntnisse nachweisen, da die Chancenkarte nicht (wie z.B. die Blaue Karte EU) beim Familiennachzug privilegiert ist (siehe § 30 Abs. 1 S. 2 AufenthG).
6. Niederlassungserlaubnis mit der Chancenkarte
Die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis auf Grundlage der Such-Chancenkarte (§ 20a Abs. 5 S. 1 AufenthG) ist ausgeschlossen (§ 20a Abs. 6 AufenthG). Mit der sogenannten „Folge-Chancenkarte“ (§ 20a Abs. 5 S. 2 AufenthG) kann hingegen eine Niederlassungserlaubnis nach den allgemeinen Voraussetzungen des § 9 AufenthG beantragt werden. Entscheidende Kriterien hierfür sind insbesondere die vollständige Sicherung des Lebensunterhalts, die Entrichtung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung über einen Zeitraum von 60 Monaten sowie der Besitz einer Aufenthaltserlaubnis für mindestens fünf Jahre. Dabei werden Zeiten, die mit einer Such-Chancenkarte verbracht wurden, auf diese Voraussetzungen angerechnet.
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7. FAQ Chancenkarte
Kann ich die Chancenkarte online beantragen?
Nein, die Beantragung erfolgt persönlich über die deutsche Botschaft oder das Konsulat. Einige Dokumente können jedoch im Vorfeld digital übermittelt werden (siehe hierzu Übersichtsseite des Auswärtigen Amts zur Chancenkarte).
Was passiert, wenn mein Antrag auf Erteilung der Chancenkarte abgelehnt wird?
Bei Ablehnung des Antrags auf Erteilung einer Chancenkarte können Sie Widerspruch (“Remonstration”) einlegen oder sich um die Erfüllung der fehlenden Voraussetzungen bemühen. Gerne berät Sie einer der unabhängigen VISAGUARD-Anwälte in diesem Fall.
Kann ich mit der Chancenkarte BAföG beantragen?
In der Regel besteht kein Anspruch auf BAföG, da BAföG meistens einen 5 jährigen Voraufenthalt in Deutschland voraussetzt (§ 8 Abs. 3 BAföG).