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Strafrecht für Ausländer

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Alle Informationen zum Aufenthaltsstrafrecht und den Konsequenzen von Straftaten für Ausländer in Deutschland

HIER ERFAHREN SIE ...

...  was ein Overstay ist und welche Konsequenzen ein Overstay hat

... wie das Ermittlungs- und Strafverfahren gegen Ausländer abläuft

... welche Konsequenzen eine Straftat für Ihren Aufenthaltstitel und für die Einbürgerung hat

... ob und wann Sie aus Deutschland ausgewiesen werden und wann eine Einreisesperre für den Schengen-Raum verhängt wird

Geschrieben von:

Rechtsanwalt

Veröffentlichungsdatum:

18.01.2024

Lesezeit:

11 Min.

INHALTSVERZEICHNIS

1. Was ist das Ausländerstrafrecht?


2. Welche Aufenthaltsstraftaten können Ausländer begehen?

2.1 Overstay Deutschland

2.2 Unerlaubte Einreise

2.3 Falsche Angaben im Visumverfahren

2.4 Aufenthalt in Deutschland ohne Pass

2.5 Illegale Beschäftigung von Ausländern/Schwarzarbeit


3. Ablauf Strafverfahren für Ausländer

3.1 Bestellung eines Zustellungsbevollmächtigten

3.2 Ermittlungen der Polizei

3.3 Abschluss des Verfahrens


4. Konsequenzen von Straftaten für Ausländer

4.1 Folgen von Straftaten für Aufenthaltstitel (Titelerteilungssperre)

4.2 Folgen von Straftaten für zukünftige Einreisen (Einreisesperre)

4.3 Folgen von Straftaten für die Einbürgerung (Einbürgerungssperre)


5. Behördliche Datensammlungen über Ausländer in Deutschland (AZR und SIS)

5.1 Ausländerzentralregister (AZR)

5.2 Schengener Informationssystem (SIS)


6. FAQ Ausländerstrafrecht

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1. Was ist das Ausländerstrafrecht?

Das Migrationsstrafrecht ist ein Sonderstrafrecht, das nur für drittstaatsangehörige Ausländer gilt. Vom Ausländerstrafrecht sind grundsätzlich alle Menschen betroffen, die dem Aufenthalts-, Freizügigkeits-, Staatsangehörigkeits- und humanitären Recht unterfallen. Dies sind momentan in Deutschland ca. 10 Millionen Menschen. Für diese Menschen gelten entsprechend andere strafrechtliche Regeln. Hierdurch soll nach Auffassung des Gesetzgebers eine “Stabilisierung der verwaltungsrechtlichen Ordnungssysteme” herbeigeführt werden.

Bitte beachten Sie, dass der nachfolgende Text zum Aufenthaltsstrafrecht SIe nicht dazu befähigt, sich in einem Strafverfahren selbst zu vertreten. Wenn Ihnen als Ausländer eine Straftat vorgeworfen wird, sollten Sie einen Rechtsanwalt kontaktieren!

2. Welche Aufenthaltsstraftaten können Ausländer begehen?

2.1 Overstay Deutschland

2.1.1 Strafe ohne Visum in Deutschland

Eine der häufigsten Straftaten, die Ausländer in Deutschland begehen, ist der sog. “Overstay”. Als Overstay werden Fälle bezeichnet, in denen sich ein Ausländer in Deutschland aufhält, obwohl sein Aufenthaltstitel (z.B. Visum) abgelaufen ist. Insofern benötigt jeder (nicht europäische) Ausländer für den Aufenthalt in Deutschland ein Visum oder eine Aufenthaltserlaubnis (§ 4 AufenthG). Die meisten Ausländer benötigen schon für die Einreise ein Visum (ob Sie ein Visum für die Einreise nach Deutschland benötigen, können Sie in der Visumliste des Auswärtigen Amts nachschauen). In vielen Fällen erfolgt diese Einreise mit einem Schengen-Visum. Selbst wenn Sie für die Einreise kein Visum benötigen, ist eine Aufenthaltserlaubnis notwendig, wenn Sie arbeiten wollen oder wenn Sie länger als 90 Tage innerhalb von 180 Tagen in Deutschland bleiben wollen. Die Überschreitung dieser erlaubten Aufenthaltszeit wird als “Overstay” bezeichnet. Ein solcher Overstay ist in den folgenden Konstellationen möglich…


… Ihr Schengen-Visum ist abgelaufen und Sie halten sich weiterhin in Deutschland auf (Schengen-Overstay),

… Ihr Schengen-Visum ist noch gültig, aber Sie haben die 90 Tage überschritten (Overstay mit gültigem Visum),

… Sie haben Ihre visumfreie Zeit von 90 Tagen innerhalb von 180 Tagen überschritten (Overstay von Positivstaatern),

… Sie arbeiten unerlaubt mit einem Schengen-Visum in Deutschland (unerlaubter Arbeitsaufenthalt).

2.1.2 Wie berechnet man einen Overstay?

Ob ein Overstay vorliegt, bestimmt sich danach, ob Sie Ihre erlaubte Aufenthaltszeit von 90 Tagen innerhalb von 180 Tagen überschritten haben. Die Berechnung ist nicht so einfach, wie es zunächst den Anschein macht, da 90 Tage nicht automatisch 3 Monate sind. Zur Berechnung der erlaubten Aufenthaltszeit mit einem Schengen-Visum (oder mit einem visumfreien Aufenthalt) kann der Short-Stay Visa Calculator der Europäischen Kommission genutzt werden. Im Short-Stay-Calculator der Europäischen Kommission müssen lediglich die Reisedaten eingegeben werden, um zu erfahren, wann Ihr erlaubter Aufenthalt in Deutschland oder der Europäischen Union endet. Sollte Ihr Overstay nicht auf einem Schengen-Aufenthalt beruhen, ergibt sich der Beginn des Overstay schlicht aus dem Ablaufdatum Ihres Aufenthaltstitels.

2.2 Unerlaubte Einreise

Eine weitere Straftat, die Ausländer begehen können, ist die unerlaubte Einreise. Eine illegale Einreise liegt immer dann vor, wenn der Ausländer bei seiner Einreise keinen Pass oder keinen Aufenthaltstitel hat. Dies umfasst beispielsweise Fälle, in denen der Aufenthaltstitel bereits abgelaufen oder verloren gegangen ist. Auch ein Überschreiten der Grenze mit fehlendem oder abgelaufenem Pass kann eine illegale Einreise darstellen.



2.3 Falsche Angaben im Visumverfahren

In der Praxis passiert es vergleichsweise häufig, dass Ausländer bei der Beantragung eines Aufenthaltstitels falsche Angaben machen. Dies kann eine Straftat nach dem Aufenthaltsgesetz darstellen. Die falschen Angaben können beispielsweise im Visumverfahren (z.B. bei der Ausfüllung des VIDEX-Forms) oder bei der Beantragung der Aufenthaltserlaubnis geschehen. Auch wenn die falschen Angaben häufig auf einem Missverständnis beruhen oder unabsichtlich gemacht werden, kann die Staatsanwaltschaft ein entsprechendes Ermittlungsverfahren einleiten. Dies kann für Ausländer schwere Konsequenzen haben (siehe unten).

2.4 Aufenthalt in Deutschland ohne Pass

Auch der Aufenthalt in Deutschland ohne gültigen Pass ist gem. § 95 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG, § 3 AufenthG strafbar (Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr). Insofern ist jeder Ausländer verpflichtet, einen anerkannten und gültigen Pass oder Passersatz zu besitzen. Hierdurch soll gewährleistet werden, dass die Polizei und Ausländerbehörde zu jedem Zeitpunkt in der Lage sind, die Identität des Ausländers abzugleichen.

2.5 Illegale Beschäftigung von Ausländern/Schwarzarbeit

Auch die illegale Beschäftigung von Ausländern und die illegale Beschäftigung als Ausländer stellt eine Straftat dar. Zur unerlaubten Beschäftigung von Ausländern haben wir einen eigenen VISAGUARD-Artikel geschrieben.Wenn eine der genannten Straftaten begangen wurde, wird die Staatsanwaltschaft mit Hilfe der Polizei ein Ermittlungsverfahren gegen den Ausländer einleiten. der Ablauf des entsprechenden Verfahrens wird im Folgenden dargestellt.

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3. Ablauf Strafverfahren für Ausländer

3.1 Bestellung eines Zustellungsbevollmächtigten

Viele Ausländer fragen sich, wie das Ermittlungsverfahren in Deutschland überhaupt abläuft. Tatsächlich gibt es im Ausländerstrafrecht ein paar Besonderheiten hinsichtlich des Kontakts mit der Polizei und der Staatsanwaltschaft. Dies gilt beispielsweise für Fälle, in denen der Ausländer überhaupt keine Wohnanschrift in Deutschland hat (z.B. in Fällen eines Overstays bei einer Geschäftsreise). In diesen Fällen wird zunächst ein sog. Zustellungsbevollmächtigter beim Amtsgericht bestellt (z.B. beim Amtsgericht Erding für Fälle am Flughafen München (MUC)). Sämtliche Entscheidungen der Staatsanwaltschaft und Polizei werden dann zunächst an diesen Zustellungsbevollmächtigten übermittelt.


3.2 Ermittlungen der Polizei

Nachdem ein Zustellungsbevollmächtigter für das Strafverfahren benannt wurde, beginnt üblicherweise das Ermittlungsverfahren. Im Ermittlungsverfahren recherchiert die Polizei den Sachverhalt, beispielsweise durch die Hinzuziehung von Akten (z.B. Akte der Ausländerbehörde oder der Botschaft) und vernimmt Zeugen. Auch eine Befragung des Ausländers (Beschuldigtenvernehmung) ist üblich. Der Ausländer ist allerdings nicht verpflichtet, die Ermittlungen der Polizei zu unterstützen. Das gilt auch für die Beschuldigtenvernehmung. Sie müssen also als Ausländer im Ermittlungsverfahren nicht mit der Polizei sprechen (“Nemo-tenetur-Grundsatz”)! Aus rechtlicher Sicht ist sogar deutlich davon abzuraten, mit der Polizei zu sprechen. Im Zweifel sollten Sie schlicht darauf verweisen, dass Sie zuvor mit einem Anwalt sprechen möchten. Dies kann Ihnen zwar negativ ausgelegt werden, allerdings sind die Konsequenzen, wenn Sie mit der Polizei sprechen, immer deutlich schlimmer, als wenn Ihnen mangelhafte Mitwirkung vorgeworfen wird. Es ist auch darauf hinzuweisen, dass eine Kooperation mit der Polizei niemals ratsam ist, da die Polizei überhaupt nicht in der Lage ist, das Verfahren zu beeinflussen. Die Polizei ist lediglich die Ermittlungsbehörde für die Staatsanwaltschaft und hat keine eigenen Entscheidungsbefugnisse. Wenn überhaupt, dann sollten Sie also mit der Staatsanwaltschaft statt mit der Polizei sprechen.


3.3 Abschluss des Verfahrens

Nachdem die Polizei die Ermittlungen abgeschlossen hat, übergibt sie das Verfahren an die Staatsanwaltschaft. Die Staatsanwaltschaft sichtet dann die Akte und entscheidet über die nächsten Schritte. Im besten Fall stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren einfach ein (z.B. wegen Geringfügigkeit oder Unschuld). In dieser Phase des Verfahrens kann ein Rechtsanwalt extrem hilfreich sein, da er in der Lage ist, mit der Staatsanwaltschaft eine Einstellung des Verfahrens (z.B. gegen Zahlung eines Geldbetrages) zu verhandeln.

Sollte die Staatsanwaltschaft das Verfahren nicht einstellen, hat sie Möglichkeit entweder einen Strafbefehl zu erlassen (§§ 407 ff. StPO) oder Anklage bei einem Strafgericht zu erheben (§§ 198 ff. StPO). Im Fall eines Strafbefehls müssen Sie lediglich eine Geldstrafe zahlen. Wenn die Staatsanwaltschaft Anklage vor dem Strafgericht erhebt, müssen Sie sich jedoch vor einem deutschen Strafgericht verantworten. Dies sollten Sie als Ausländer auf jeden Fall vermeiden, da Ihnen im Falle einer Verurteilung erhebliche ausländerrechtliche Konsequenzen drohen. 

Das Gerichtsverfahren beginnt offiziell mit der Zustellung der Anklageschrift. Dieses Dokument ist von zentraler Bedeutung, da es die Grundlage des Verfahrens bildet. In der Anklageschrift erfahren Sie genau, welche Straftaten Ihnen vorgeworfen werden, sowie wann und wo diese angeblich begangen wurden.


Nachdem das Strafgericht, in den meisten Fällen ein Amtsgericht, das Verfahren eröffnet hat, wird eine mündliche Verhandlung angesetzt. Dieser Termin ist entscheidend, da hier die Hauptverhandlung stattfindet. Während der mündlichen Verhandlung sind mehrere Personen anwesend: ein Staatsanwalt, der die Anklage vertritt, höchstwahrscheinlich ein Dolmetscher, der bei Verständigungsproblemen hilft, und, falls Sie einen beauftragt haben, Ihr Anwalt.


In der mündlichen Verhandlung wird das Gericht Beweise erheben und rechtliche Fragen klären. Dies umfasst die Anhörung von Zeugen, die Vorlage von Dokumenten und die Erörterung der rechtlichen Aspekte des Falles. Es ist von großer Bedeutung, dass Sie bei der Verhandlung anwesend sind und Ihren Standpunkt darlegen. Ihr Anwalt kann Ihnen helfen, Ihre Rechte zu wahren und eine angemessene Verteidigung zu gewährleisten.

4. Konsequenzen von Straftaten für Ausländer

Aufgrund des Ausländerstrafrechts können strafrechtliche Verurteilungen für Ausländer gravierende Folgen haben. Dies gilt sowohl innerhalb des eigentlichen Verwaltungsverfahrens als auch für die Chancen, überhaupt ein Visum oder eine Aufenthaltserlaubnis zu erhalten. Problematisch ist dabei insbesondere, dass die Begehung einer Straftat bzw. das entsprechende Ermittlungsverfahren der Ausländerbehörde in jedem Fall mitgeteilt wird. Insofern sind die Polizei, das Ordnungsamt, die Staatsanwaltschaft und die Gerichte dazu verpflichtet, die Einleitung eines Strafverfahrens gegen Ausländer der Ausländerbehörde mitzuteilen (§ 87 Abs. 4 AufenthG). Hierdurch ist faktisch garantiert, dass Straftaten von Ausländern auch sofort zu einer Bestrafung durch die Ausländerbehörde führen (zusätzlich zu einer Bestrafung durch die Staatsanwaltschaft/die Strafgerichte).


Während des Verfahrens zur Erteilung eines Aufenthaltstitel hat die Begehung einer Straftat und die Einleitung eines entsprechenden Ermittlungsverfahrens die folgenden Konsequenzen für Ausländer:


  • Aufenthaltstitel (auch Niederlassungserlaubnisse) dürfen nicht erteilt werden (§ 79 Abs. 2 AufenthG),

  • Aufenthaltserlaubnisse dürfen nicht verlängert werden (§ 79 Abs. 2 AufenthG),

  • der/die Ausländer/in darf nicht eingebürgert werden (§ 12a Abs. 3 StAG),

  • der/die Ausländerin kann aus Deutschland ausgewiesen werden (§ 54 AufenthG, § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG),

  • humanitäre Aufenthaltstitel können entzogen oder verweigert werden (insb. Flüchtlingseigenschaft, § 3 Abs. 4 AsylG, § 60 Abs. 8 AufenthG, § 25a AufenthG, § 104c AufenthG).


Im schlimmsten Fall kann die Begehung von Straftaten für Ausländer in Deutschland zusätzlich zu einer Inhaftierung bzw. zu einer Gefängnisstrafe führen. Dabei muss grundsätzlich zwischen einer Haftstrafe und der “Sicherungshaft” unterschieden werden. Während die Haftstrafe von einem Strafgericht verhängt wird, um einen illegalen Aufenthalt zu bestrafen, soll die Sicherungshaft dazu dienen, die Ausreise von ausländischen Straftätern (z.B. Overstayern) durchzusetzen. Die Verhängung einer Haftstrafe als Bestrafung für den Overstay ist vergleichsweise selten, die präventive Sicherungshaft ist allerdings ohne weiteres möglich. Insofern können z.B. auch US-Amerikaner oder britische Staatsangehörige (oder andere “Positivstaater”) in Haft genommen werden, wenn sie einen Overstay begehen (§ 62 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 AufenthG). Da eine Gefängnisstrafe allerdings die schwerste Strafe ist, die das Gesetz kennt, wird eine solche nur in schweren Fällen oder in Wiederholungsfällen verhängt. Ein Overstay von nur wenigen Tagen führt beispielsweise in der Regel nicht zu einer Gefängnisstrafe. Dies kommt allerdings auf die Vorgehensweise der zuständigen Staatsanwalts bzw. des Strafgerichts an.

4.1 Folgen von Straftaten für Aufenthaltstitel

Eine weitere häufige Konsequenz, die Ausländer, die eine Straftat begangen haben, treffen kann, ist die Sperre für Aufenthaltstitel. Insofern darf Ausländern in der Regel kein Aufenthaltstitel erteilt werden, wenn ein Ausweisungsinteresse besteht (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG). Ein solches Ausweisungsinteresse liegt häufig vor, wenn der Ausländer Straftaten begangen hat (§§ 53, 54 AufenthG).Die Verurteilung von Ausländern wird grundsätzlich in der sogenannten “Visa-Warndatei” der Ausländerbehörden gespeichert, welche vom Bundesverwaltungsamt geführt wird. Die Visa-Warndatei dient den Visumbehörden im Allgemeinen zur Vermeidung von Visummissbrauch. In der Datei werden nicht nur strafrechtliche Verurteilungen, sondern auch Verstöße durch falsche Angaben, Schwarzarbeit und missbräuchliches Einladen von Ausländern gespeichert. Grundsätzlich ist auch eine Eintragung von Organisationen und Vereinen in der Visawarndatei möglich. Zugriff auf die Visa-Warndatei haben die folgenden Behörden:


  • Auslandsvertretungen (Auswärtiges Amt, Botschaften und Konsulate),

  • Ausländerbehörden,

  • Polizei,

  • Staatsanwaltschaft,

  • Bundesamt für Justiz.


Sollte ein Ausländer mit einer Verurteilung in der Visa-Warndatei eingetragen sind, ist also die Erteilung eines Aufenthaltstitels nur unter schwierigen Bedingungen möglich.


4.2 Folgen von Straftaten für zukünftige Einreisen (Einreisesperre)

Die Begehung von Straftaten durch Ausländer hat nicht nur direkten Einfluss auf den momentanen Aufenthalt, sondern auch für zukünftige Einreisen des Ausländers. Insofern können die deutschen Behörden eine sog. Einreisesperre gegen Ausländer verhängen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer nicht in das Bundesgebiet und das Hoheitsgebiet der anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder der anderen Schengen-Staaten einreisen (§ 11 AufenthG). Bei Verhängung der Einreisesperre ist also keine Einreise in den Schengen-Raum mehr möglich. Dies kann (insbesondere für Geschäftsleute und Unternehmer) schwerwiegende Konsequenzen haben.


4.3 Folgen von Straftaten für die Einbürgerung

Große Relevanz hat die Begehung von Straftaten außerdem im Einbürgerungsverfahren. Bestimmte Straftaten können insofern die Einbürgerung sperren oder den Einbürgerungsprozess unterbrechen, wenn dieser bereits am Laufen ist.

Was geschieht mit meinem Einbürgerungsverfahren, wenn ich eine Straftat begehe?

Wenn während des Einbürgerungsverfahrens eine Straftat begangen wird, stoppt die Einbürgerungsbehörde das Einbürgerungsverfahren, bis das Ermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft oder beim Strafgericht abgeschlossen ist.


Kann ich trotz der Begehung von Straftaten eingebürgert werden?

Grundsätzlich ist die Einbürgerung gesperrt, wenn der Einbürgerungsbewerber eine Straftat begangen hat. Allerdings bleiben laut dem Gesetz geringfügige Strafen außer Betracht (§ 12a StAG). Folgende Strafen führen also nicht zu einer Sperre für die Einbürgerung:

  • Jugendstrafen (§ 12a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StAG),

  • Verurteilungen bis zu 90 Tagessätzen (§ 12a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 StAG),

  • Bewährungsstrafen bis zu 3 Monate (§ 12a Abs. 1 S. 1 Nr. 3 StAG).


Kann auch der Entzug des Führerscheins oder ein Berufsverbot zu einer Einbürgerungssperre führen?

Ja, auch sog. Maßregeln der Besserung (also Entzug des Führerscheins und Berufsverbot) können im Einzelfall zu einem Ausschluss von der Einbürgerung führen (§ 12a Abs. 1 S. 5 StAG i.V.m. § 61 StGB).


Bin ich bei der Begehung von Straftaten für immer von der Einbürgerung ausgeschlossen?

Nein, die Begehung von Straftaten führt nur zu einem zeitweisen Ausschluss von der Einbürgerung. Insofern gibt es ein sog. Verwertungsverbot, wenn die Strafen im Bundeszentralregister getilgt worden sind (§ 51 BZRG).


Straftat Einbürgerung: Wann kann ich nach einer Straftat die Einbürgerung beantragen?

Wann Sie die Einbürgerung nach einer Straftat beantragen können, hängt davon ab, wann die Verurteilung im Bundeszentralregister getilgt wird. Die Tilgungsfristen betragen gem. § 46 BZRG:


  • 5 Jahre im Regelfall,

  • 10 Jahre bei schweren Straftaten,

  • 15 - 20 Jahre bei Kapitaldelikten.

5. Ausländerzentralregister und Schengener Informationssystem

Im Rahmen des Ausländerstrafrechts ist das Ausländerzentralregister (AZR) und das Schengener-Informationssystem (SIS) besonders relevant. In beiden Datenbanken werden Straftaten und sicherheitsrelevante Informationen über Ausländern gespeichert. Die Polizei und andere Sicherheitsbehörden können dann auf die Daten zugreifen und hieraus bestimmte Konsequenzen herleiten (z.B. eine Einreisesperre oder die Verweigerung bestimmter Leistungen).


5.1 Das Ausländerzentralregister (AZR)

Das Ausländerzentralregister besteht aus einem allgemeinen Datenbestand und einer gesondert geführten Visadatei. Das Ausländerzentralregister wird vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge geführt (Registerbehörde). Das Bundesverwaltungsamt verarbeitet die gespeicherten Daten im Auftrag und nach Weisung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (§ 1 AZRG). Im AZR werden sämtliche Daten eines Ausländers gespeichert (also nicht nur Straftaten). Das Ausländerzentralregister dient somit als Datenpool für alle Behörden, die auf Daten von Ausländern angewiesen sind. Die im AZR gespeicherten Daten sind deshalb besonders sensibel, da ein Eintrag im  AZR gravierende Konsequenzen haben kann. Im Zweifel sollte das Ausländerzentralregister deshalb vor wichtigen rechtlichen Schritten überprüft und ggf. eine Löschung der Daten beantragt werden.


Jeder Ausländer hat einen Anspruch auf Auskunft über die Daten, die über ihn oder sie im Ausländerzentralregister gespeichert sind (§ 34 AZRG). Sollten Sie einen entsprechenden AZR-Auszug beantragen wollen, können Sie das Bundesverwaltungsamt kontaktieren. Das Bundesverwaltungsamt stellt insofern auf seine Internetseite alle notwendigen Informationen zur Beantragung eines AZR-Auszugs bereit. Im Zweifel kann Sie ein Rechtsanwalt für Migrationsrecht bei der Beantragung des AZR-Auszugs unterstützen.

5.2 Das Schengen-Informationssystem

Das Schengener Informationssystem (SIS) ist eine zentrale Datenbank, die von den Ländern des Schengen-Raums genutzt wird, um Informationen über gesuchte oder vermisste Personen, gestohlene Gegenstände und Sicherheitsbedrohungen auszutauschen. Es erleichtert die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Strafverfolgungsbehörden und ermöglicht eine schnellere und effizientere Reaktion auf Kriminalität und illegale Aktivitäten. Das SIS trägt wesentlich zur Sicherheit im Schengen-Raum bei, indem es sicherstellt, dass relevante Informationen schnell und zuverlässig zwischen den Mitgliedstaaten geteilt werden.


Auch im SIS veröffentlichen die deutschen Behörden Einträge über Ausländer in Deutschland. Im Unterschied zum Ausländerzentralregister werden im Schengen-Informationsystem jedoch nicht auch kleinere Straftaten eingetragen, sondern nur tatsächliche Sicherheritsbedrohungen. Ein Eintrag im SIS ist dementsprechend eher selten. Wenn allerdings ein solcher vorhanden ist, kann dieser massive Auswirkungen auf  die Reisefreiheit von Ausländern haben. Insofern können alle europäischen Sicherheitsdienste (insbesondere z.B. am Flughafen und an Grenzübertritten) auf die SIS-Daten zugreifen. Im schlimmsten Fall führt ein Eintrag im Schengener-Informationssystem dann zu einem Einreiseverbot.


Ausländer haben allerdings auch hinsichtlich ihres Datenbestandes im Schengener-Informationssystem einen Auskunftsanspruch (Auskunftsanspruch gemäß § 34 BDSG). Das Bundeskriminalamt (BKA) als nationale Anlaufstelle für das deutsche SIS (sog. "SIRENE") stellt auf seiner Homepage umfangreiche Informationen zur Geltendmachung des SIS-Auskunftsanspruchs bereit. Im Zweifel kann Ihnen ein REchtsanwalt für Migrationsrecht bei der Geltendmachung des Auskunftsanspruch nach dem Schengener-Informationssystem behilflich sein.

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6. FAQ (Ausländerstrafrecht)

Liegt ein Overstay vor, wenn mein Schengen-Visum als Positivstaater überschritten wird?

In der juristischen Wissenschaft ist es umstritten, ob Positivstaater einen Overstay begehen, wenn ihr Schengen-Visum (z.B. zum Arbeiten) abgelaufen ist. Insofern kann beispielsweise argumentiert werden, dass die visumfreie Aufenthaltszeit dem Schengen-Visum hinzuzurechnen ist. Positivstaater können sich also dann mit einem Schengen-Visum für 180 Tage in Deutschland aufhalten (90 Tage mit Schengen Visum und 90 Tage visumfrei). Dies wird allerdings von den Behörden häufig anders gesehen und birgt verschiedene rechtliche Schwierigkeiten. Im Zweifel sollten Sie hierzu einen Fachanwalt für Migrationsrecht befragen.


Droht auch eine Strafe bei einem Overstay von nur einem Tag?

Ja, auch ein Overstay von nur einem Tag führt zu einer Strafe. Im Aufenthaltsstrafrecht gilt allerdings der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, weshalb geringe Overstays grundsätzlich weniger bestraft werden als längere Overstays.


Liegt ein Overstay vor, wenn mein Schengen-Visum noch gültig ist, aber die 90 Tage abgelaufen sind?

Ja, aus juristischer Sicht macht es keinen Unterschied, ob Ihr Schengen-Visum abgelaufen ist oder ob lediglich die 90 Tage überschritten wurden.


Liegt ein Overstay vor, wenn ich ein gültiges Visum habe, aber illegal arbeite?

Ja, ein Overstay liegt auch vor, wenn Sie ein gültiges Visum haben, aber illegal arbeiten. Das illegale Arbeiten macht insofern den gesamten Aufenthalt illegal.


Liegt ein Overstay vor, wenn mein Schengen-Visum aufgehoben/annulliert wird?

Ja, auch wenn Ihr Schengen-Visum aufgehoben wird und Sie sich trotzdem weiter in Deutschland aufhalten, liegt ein illegaler Aufenthalt/Overstay vor.


Kann ich für einen Overstay ins Gefängnis kommen?

Ja, Overstayer können sowohl mit einer Gefängnisstrafe bestraft werden, als auch zur Durchsetzung der Ausreisepflicht in Sicherungsgewahrsam genommen werden (§ 62 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 AufenthG).


Wie hoch ist die Geldstrafe bzw. das Bußgeld für einen Overstay?

In der Praxis werden die meisten Overstays mit einem Bußgeld von 500,00 - 5.000,00 Euro bestraft. Hinzu können Verwaltungskosten kommen. Im schlimmsten Fall können die Verwaltungskosten deutlich höher sein als die eigentliche Geldstrafe, da z.B. für die zwangsweise Abschiebung eines Ausländers Kosten in Höhe von 5.000,00 - 20.000,00 Euro anfallen können.


Kann ich mit einer Grenzübertrittsbescheinigung (GÜB) einen Overstay vermeiden?

Nein, die Grenzübertrittsbescheinigung (GÜB) legt lediglich das Ausreisedatum fest, führt aber nicht zu einem legalen Aufenthalt.


Zählen die Tage der Einreise und der Ausreise bei der Berechnung der 90 Tage mit?

Ja, der Tag der Einreise und der Tag der Ausreise zählen für die Berechnung des erlaubten Aufenthalts mit einem Schengen-Visum oder mit einem visumfreien Aufenthalt mit.


Wie berechne ich die erlaubten Schengen-Zeiten?

Die erlaubte Aufenthaltszeit mit einem Schengen-Visum kann mit dem Short-Stay Schengen-Rechner der Europäischen Kommission berechnet werden.


Woher weiß ich, ob gegen mich eine Einreisesperre verhängt wurde?

Die Einreisesperre wird per schriftlichem Bescheid erteilt. Sie erfahren also per Brief, ob gegen Sie eine Einreisesperre verhängt wurde.


Ich wohne nicht in Deutschland. Wie erfahre ich ohne Adresse in Deutschland von der Verhängung einer Einreisesperre?

Wenn Sie nicht in Deutschland wohnen, können Sie einen Auskunftsantrag stellen. Der Auskunftsanspruch kann beim Bundesverwaltungsamt (Ausländerzentralregister) oder beim Bundeskriminalamt (BKA) (Schengen-Informationssystem) gestellt werden. Das Bundesverwaltungsamt stellt für den Antrag auf AZR-Auskunft ein eigenes Antragsformular zur Verfügung.


Benötige ich einen Rechtsanwalt, um eine Selbstauskunft beim Ausländerzentralregister (AZR) geltend zu machen?

Nein, der Selbstauskunftsanspruch beim Bundesverwaltungsamt für eine Einsicht ins Ausländerzentralregister (AZR) kann auch ohne Rechtsanwalt geltend gemacht werden.


Was kostet ein Selbstauskunftsanspruch beim Bundesverwaltungsamt?

Die Selbstauskunft beim Bundesverwaltungsamt kostet 56,43 Euro.


Welche aufenthaltsrechtlichen Straftaten können Ausländer in Deutschland begehen?

Die folgenden Straftaten spielen im Aufenthaltsrecht eine Rolle:


  • Overstay (§ 95 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG)

  • Unerlaubte Einreise  (§ 95 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG; § 14 Abs. 1 Nr. 1, 2 AufenthG)

  • Falsche Angaben im Visumverfahren (§ 95 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG)

  • Aufenthalt in Deutschland ohne Pass (§ 95 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG, § 3 AufenthG)

  • Illegale Beschäftigung von Ausländern/Schwarzarbeit (§ 11 SchwarzArbG)

  • Schleusen von Ausländern (§§ 96, 97 AufenthG)

  • Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung, § 84 AsylG

  • falsche Angaben im Asylverfahren, § 95 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 AufenthG (auch für Teilnehmer (§ 84 AsylG und auch im Widerrufsverfahren (auch Widerrufsverfahren, § 73b Abs. 5a AsylG nF),

  • Verstoß gegen Aufenthaltsbeschränkungen § 95 Abs. 1 Nr. 7; § 61 Abs. 1, Abs. 1c AufenthG)

  • Kindesentziehung durch Ausreise

  • Identitätstäuschung

  • Sozialleistungsbetrug


Welche Haftgründe gibt es im Aufenthaltsstrafrecht?

Die folgenden Haftgründe existieren im Migrationsstrafrecht:


  • Sicherungshaft § 62 Abs. 1, 3 bis 6 AufenthG i.V.m. Rückführungs-RL - ABH

  • Überstellungshaft (“Dublin-Haft”), Art. 28 Dublin-III-VO

  • Ausreisegewahrsam (“Haft light”), § 62b AufenthG - ABH

  • Zurückweisungshaft

  • Transitgewahrsam

  • Zurückschiebungshaft

  • Vorbereitungshaft

  • Ergänzende Vorbereitungshaft

  • Mitwirkungshaft


Welche Möglichkeiten habe ich, zu erfahren, ob in den Ausländerdatenbanken Einträge über mich bestehen?

Wenn Sie befürchten, dass Sie Eintragungen in den Ausländerdatenbanken haben, können Sie Auskunft in den folgenden Datenbanken beanspruchen:


  • Schengen-Informationssystem (SIS)

  • Ausländerzentralregister (AZR)

  • Ausländerakte (Akteneinsicht)

  • Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF)

  • Bundesagentur für Arbeit (Informationsfreiheitsgesetz (IFG))


Kann ich als Ausländer ohne richterlichen Beschluss festgenommen werden?

Nein, ohne richterliche Entscheidung ist eine geplante Festnahme immer rechtswidrig. Über die Zulässigkeit einer Freiheitsentziehung hat insofern nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf selbst niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten (Art. 104 GG). Zur Umsetzung des Richtervorbehalts sind bei den Gerichten Bereitschaftsdienste einzurichten (BVerfG, Beschluss vom 12.03.2019 - 2 BvR 675/14). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist der Bereitschaftsdienst mindestens in der Zeit von 6:00 Uhr bis 21:00 Uhr einzurichten.



Weiterführende Informationen

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