
In unserer Blogreihe “Urteil der Woche” analysieren wir regelmäßig die wichtigsten Urteile aus dem Bereich Arbeitsmigration und Fachkräfteeinwanderung. Dieses Mal haben wir uns einem Urteil des Verwaltungsgerichts Weimar (VG Weimar, Beschluss vom 11.06.2024, Az. 1 K 135/24 We) gewidmet, welches es so deutlich wie selten auf den Punkt bringt, dass Ausländerbehörden für die schlechte Organisation, mangelndes und ungeschultes Personal und im allgemeinen langsame Arbeitsgeschwindigkeit bzw. Untätigkeit haften. Nach dem VG Weimar ist die seit Jahren bestehende Arbeitsbelastung kein Entschuldigungsgrund für die massiv verzögerte Antragsbearbeitung.
Was war passiert?
Der Kläger hatte in dem Verfahren vor dem VG Weimar im September 2023 bei der Ausländerbehörde die Einbürgerung beantragt und hierfür alle Unterlagen eingereicht bzw. übermittelt. Die Behörde hatte daraufhin im Januar 2024 (also 3 Monate nach Eingang des Antrags) mitgeteilt, dass der Antrag eingegangen wäre und nunmehr mit einer mehrmonatigen Bearbeitungsdauer gerechnet werden müsse. Hiergegen hat der Kläger noch im Januar 2024 mit einem Rechtsanwalt für Einbürgerungsrecht Klage wegen Untätigkeit erhoben, da die drei Monate Bearbeitungszeit für Einbürgerungsanträge gem. § 75 VwGO ja bereits abgelaufen waren.
Wie hat das Gericht entschieden?
Das Verwaltungsgericht hat für den ausländischen Kläger entschieden, dass die Ausländerbehörde bereits über den Einbürgerungsantrag hätte entscheiden müssen. Der Ausländer hat die Untätigkeitsklage also gewonnen. Die Behörde konnte sich bei Untätigkeit nicht mit Personalmangel oder Überlastung rechtfertigen. Laut dem Richter müsse von einer anhaltenden strukturellen Überlastung der Einbürgerungsbehörde ausgegangen werden, welcher nicht rechtzeitig mit einem ausreichenden Zuwachs an Personal entgegengewirkt wurde. Die Ausländerbehörde hätte im vorliegenden Fall bisher nicht mal die Dokumente geprüft.
Was bedeutet das Urteil?
Das Urteil zeigt so selten wie deutlich, dass die ewig langen Entscheidungszeiten bei den Ausländerbehörden rechtswidrig sind. Ausländer müssen in Deutschland teilweise Monate oder gar Jahre auf die Entscheidung über ihre Anträge warten. Nicht selten laufen dabei die Aufenthaltsdokumente ab, was regelmäßigen zu schwerwiegenden Konsequenzen für den Ausländer führt. Immer wieder rechtfertigen sich die Behörden dann damit, dass sie aufgrund des Personalmangels keine Schuld an den entstandenen Schäden hätten. Das VG Weimar zeigt wieder einmal klar, dass dies sehr wohl die Schuld der Ausländerbehörden ist. Die Personalprobleme bestehen seit Jahren und werden nach wie vor nicht behoben. Hierfür haften die Ausländerbehörden.
Das Urteil steht damit in einer langen Tradition ähnlicher Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte. Insofern entspricht es der ständigen Rechtsprechung, dass wenn die Behörde eine überlange Bearbeitungszeit mit Arbeitsüberlastung begründet, dies nur dann als Rechtfertigung zulässig ist, wenn es sich um eine vorübergehende Situation handelt, auf die nicht kurzfristig durch organisatorische Maßnahmen reagiert werden kann (BVerfG, Beschluss vom 16. Januar 2017 – 1 BvR 2406/16 –, juris Rn. 9 m.w.N.; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27. Juli 2017 – OVG 3 M 92.17 –, juris Rn. 7; Sächsisches OVG, Beschluss vom 14. Februar 2023 – 3 E 2/23 –, juris Rn. 9). Dies ist bei der anhaltenden strukturellen Überlastung der Behörden schon lang nicht mehr der Fall.
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